Presse > Pressearchiv > Schloss Nymphenburg > Pressemitteilung

Inhalt:

17. September 2003

Pressemitteilung

Schloss Nymphenburg: Eröffnung der restaurierten Karl-Theodor-Zimmer

Die Karl-Theodor-Zimmer sind die letzten Zufügungen, die Schloss Nymphenburg im 18. Jahrhundert erfahren hat: Auf der Gartenseite der Verbindungsgalerien zwischen Hauptgebäude und Pavillons wurden 1795 je drei kleine Räume angebaut. Die beiden wichtigsten Räume der südlichen Raumfolge, das Schreibkabinett und das Vorzimmer, werden jetzt nach erfolgter Restaurierung erstmals dem Publikum zugänglich gemacht. Es sind die einzigen mit Innenausstattung erhaltenen Räume der bayerischen Schlösser, die sich mit Kurfürst Karl Theodor von Pfalz-Bayern (geb. 1724, reg. 1742-1799, in Bayern ab 1778) verbinden.

Karl Theodor aus der Linie Pfalz-Sulzbach heiratete 1795, schon siebzigjährig, in zweiter Ehe die Erzherzogin Maria Leopoldine von Österreich-Este. Als Sommerwohnung für das Paar wurden die Räume im südlichen Wohnpavillon des Schlosses Nymphenburg hergerichtet: Der Kurfürst wollte im Erdgeschoss, die Kurfürstin im Hauptgeschoss wohnen. Um seiner jungen Gemahlin tagsüber nahe zu sein, ließ Karl Theodor sich neben ihrem Wohnzimmer im Hauptgeschoss ein Schreibkabinett anlegen, das durch eine Tür mit dem Zimmer der Fürstin verbunden wurde. Aus Platzgründen musste dafür an der Parkseite angebaut werden.

Das Schreibkabinett ist ein innenarchitektonisches Kleinod, das eine Vorstellung von der raffinierten Raumkunst des pfalzbayerischen Oberhofbaudirektors Maximilian von Verschaffelt und den Ansprüchen des bayerischen Hofes am Ende des 18. Jahrhunderts gibt. Die Präsentation dieses auch in Fachkreisen unbekannten Raumes stellt eine kleine Sensation dar.

Dem Schreibkabinett wurde ein Vorzimmer vorgelegt, dem auf der anderen Seite ein (im 19. Jahrhundert umgestaltetes und noch nicht wieder zugängliches) Kaffeezimmer zugeordnet wurde. Gegenüber diesen einfach vertäfelten Räumen zeichnet das Schreibkabinett sich durch die aufwändigere Raumgestaltung und die vergoldete Dekoration mit Anklängen an chinesische Ornamentik aus. Solche chinesischen Dekorationen waren auch im Frühklassizismus an den deutschen Höfen sehr beliebt. Besondere Aufmerksamkeit galt der Verbindung von anspruchsvoller Raumgestaltung und Bequemlichkeit für den Bewohner:

Die Nischen der beiden Rückwände ließen seitlich Raum für einen Durchgang, einen Wandschrank und einen Platz für den Ofen, der gleichfalls hinter einer Tür verschwinden konnte. Die Anlage des Raumes zeigt, dass der Architekt die Kunstkniffe der modernen französischer Architektur zur Erzielung von commodité meisterlich beherrschte.

Von der originalen Möblierung ist der einzigartige Konsoltisch am Fensterpfeiler erhalten. Die übrigen Sitzmöbel entstammen einer Ausstattungsphase kurz nach 1800, als Nymphenburg – kurz vor der Erhebung Bayerns zum Königreich – für die Familie des neuen Herrschers Max IV. Joseph neu ausgestattet wurde. (Vermutlich diente der Raum auch Max Joseph für einige Jahre als Schreibkabinett, in dem wichtige politische Entscheidungen gefällt wurden.) Der grüne Taft von Vorhängen und Houssen ist durch die Inventare belegt. Im Raum aufgestellt wurde eine Marmorbüste des jungen Kurfürsten Karl Theodor, die Peter Anton Verschaffelt, der Vater des Baumeisters, um 1750/55 in Mannheim geschaffen hat.

Auf die Bindung des Kurfürsten an seine pfälzische Heimat weisen im Vorzimmer die beiden Ansichten aus dem Park von Schloss Schwetzingen, der Lieblingsschöpfung Karl Theodors am Oberrhein, sowie die beiden Porzellangruppen aus der kurpfälzischen Manufaktur Frankenthal, die als Allegorien auf Geburt und Tod des Thronfolgers Franz Ludwig Joseph 1761 gedeutet werden: Das nach 19-jähriger Ehe geborene Kind starb an seinen Geburtsverletzungen und die Kurfürstin durfte sich keiner weiteren Geburt mehr aussetzen. Karl Theodor blieb daher ohne legitime Erben; die Nachfolge trat die Linie Pfalz-Zweibrücken an.

Bei der Restaurierung der beiden Räume wurden umfangreiche Befunduntersuchungen und Inventarstudien zugrundegelegt. Die Arbeiten erfolgten unter der Leitung des Staatlichen Hochbauamts München I und Aufsicht der Restauratoren der Bayerischen Schlösserverwaltung durch Fachkräfte aus Bayern.

 

Weitere Informationen und kostenlose Pressefotos erhalten Sie bei:
Claudia Albrecht, Bayerische Schlösserverwaltung, Öffentlichkeitsarbeit
Telefon (0 89) 1 79 08-160, Fax (0 89) 1 79 08-190, presse@bsv.bayern.de


Pressemitteilung 17. September 2003


 
Eye-Able Assistenzsoftware