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5. September 2017

Pressemitteilung

Markgräfin Wilhelmine an Voltaire: „Mehr Frauenrollen“ – Präsentation des bedeutenden Neuerwerbs zweier Briefe bei den Bayreuther Residenztagen

Im Rahmen der Residenztage Bayreuth (Wochenende 16./17. September 2017) präsentiert die Bayerische Schlösserverwaltung den sensationellen Neuerwerb zweier autographer Briefe aus der Korrespondenz der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth mit Voltaire.

Der Plot erinnert an ein zeitgenössisches Theaterstück: Ein König, der alle Frauen von seinem Hof verbannt; sein französischer Starphilosoph, der als Erfolgstheaterautor dem Männlichkeitsideal der antiken Tragödie huldigt; und die hochbegabte Lieblingsschwester des Königs, die vom verehrten Philosophen fordert, die Männer anstatt der Frauenrollen aus seinen Stücken zu streichen. Was wie eine aktuelle Forderung nach mehr Gendergerechtigkeit klingt, ist Gegenstand eines Briefs der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth an den in Potsdam am misogynen Hof Friedrichs II. weilenden Voltaire. „Ich wundere mich über die verschiedenen Denkweisen, die es in der Welt gibt“, schreibt Wilhelmine am 23. Januar 1751 von ihrem Musenhof in Bayreuth an „frère Voltaire“. „Sie schließen die Frauenrollen aus Ihren Potsdamer Tragödien aus und wir würden gerne, wenn wir einen Voltaire hätten, die Männerrollen aus denen streichen, die wir hier spielen. Wäre es nicht möglich, dass Sie eines Ihrer Stücke für uns umschrieben und dort die zwei Hauptrollen [„principaux Rôles“] an Frauen vergäben?“

Der originale, in französischer Sprache verfasste Brief, der dieses erstrangige, kulturhistorische Dokument zur Theatergeschichte des 18. Jahrhunderts enthält, wird im Rahmen der Residenztage Bayreuth gemeinsam mit einem Antwortbrief Voltaires an Wilhelmine vom 1. März 1751 im Alten Schloss Eremitage erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Die Bayerische Schlösserverwaltung konnte die beiden Autographen heuer im Frühjahr im Kunsthandel erwerben. „Der Neuankauf beider Briefe ist ein außerordentlicher Glücksfall.“, erklärt der zuständige Museumsreferent der Bayerischen Schlösserverwaltung, Dr. Thomas Rainer, der die Briefe am 17. September in seiner Themenführung „Wilhelmine an Voltaire: Mehr Frauenrollen!“ um 11 Uhr  und um 15 Uhr im Alten Schloss Eremitage vorstellen wird. Kinder zwischen acht und zwölf Jahren nähern sich dem Thema im Workshop „Mit Brief und Siegel“ um 14.15 Uhr mit Verena Weinmann. Der Eintritt kostet jeweils 4,50 Euro für Erwachsene. Unter 18 Jahren ist der Eintritt frei. Die Teilnehmerzahl ist für die Themenführungen ebenso wie für den Familien-Workshop begrenzt, daher wird um Anmeldung unter 0921 75969-37 gebeten.

Die theater- und musikbegeisterte Markgräfin trat selbst als Schauspielerin in Stücken Voltaires auf und orientierte sich in ihren eigenhändig verfassten Opernlibretti an seinem Vorbild. Von einer ersten Begegnung zu Beginn der 1740er Jahre bis zu ihrem Tod führte sie einen ausführlichen Briefwechsel mit dem von ihr bewunderten Schriftsteller. Mit ihrem Plan, Voltaire als Autor ihr auf den Leib geschneiderter Frauenrollen für Bayreuth zu gewinnen, scheiterte Wilhelmine freilich. „Um Himmels willen, versuchen sie es in Bayreuth nicht, die Männer auszuschließen. Das Theater ist ein Gemälde des menschlichen Lebens, und in diesem Leben müssen Männer und Frauen beisammen sein; sonst ist es nur ein halbes Leben“, so die erste Reaktion des Philosophen. Im nun erworbenen Folgebrief  vom 1. März 1751 entschuldigt er sein Fernbleiben vom Musenhof in Bayreuth mit einem Brustleiden und einer geplanten Italienfahrt, um galant hinzuzufügen: „Seien Sie jedoch sicher, Madame, dass ich im Herzen dem Aufenthalt  in Bayreuth den Vorzug vor St. Peter von Rom und dem Markusplatz  geben würde [...] pauvre malade frère Voltaire“ Den beiden von der Bayerischen Schlösserverwaltung angekauften Briefen wird dieser Wunsch zukünftig erfüllt. Sie werden ihr Zuhause im neu entstehenden Museum zum Markgräflichen Opernhaus in Bayreuth finden. Das 2012 zum UNESCO Welterbe erklärte, auf Initiative Markgräfin Wilhelmines errichtete Opernhaus – ein Glanzpunkt der Theaterkultur des 18. Jahrhunderts – wird nach einer umfangreichen Sanierung im April 2018 wiedereröffnet. Im benachbarten Redoutenhaus entsteht bis voraussichtlich 2020 ein neues Museum zum Markgräflichen Opernhaus und zur herausragenden Theater- und Musikkultur am Hof der Markgräfin Wilhelmine.

Zu den Residenztagen:

„Vive le plaisir – es lebe das Vergnügen!“ Unter diesem Motto stehen die diesjährigen Bayreuther Residenztage, die am Wochenende des 16. und 17. September stattfinden.

Samstag, 16. September, 12-19 Uhr: Barockfest im Neuen Schloss und im Hofgarten Bayreuth

Zum Barockfest erwarten Sie besondere Führungen, kreative Mitmachstationen, Tanz, Musik, Workshops sowie kulinarische Köstlichkeiten. Das Hoheitengärtchen ist der ideale Ort für ein idyllisches Picknick mit der ganzen Familie. Lassen Sie sich dabei von den Genussbotschaftern der Genussregion Oberfranken kulinarisch verwöhnen oder bringen Sie gerne auch von zu Hause etwas mit. Beim gemeinsamen Picknick oder einem Spaziergang durch den Garten kann man dann auf Markgräfin Wilhelmine und ihren Hofstaat treffen.

Die ebenfalls im Hoheitengärtchen stattfindende Aufführung von Mozarts Hirtenoper „Bastien und Bastienne“ bietet unter freiem Himmel eine besondere musikalische Reise in das 18. Jahrhundert. Unter dem Titel „L’Humaine Comédie – das Menschentheater“ wird im Neuen Schloss eine Re-Inszenierung des Ballet de la Raillerie (1659) von Jean-Baptiste Lully und Isaac de Benserade aus historischem Tanz und Performance Art gezeigt, konzipiert und aufgeführt von Studierenden der Universität Bayreuth. Den Tag beschließt eine Gute-Nacht-Führung um 19 Uhr, bei der die Besucher sozusagen „hinter dem Vorhang“ auf Spurensuche gehen, um nur eine der zahlreichen Sonder- und Themenführungen zu nennen, die an diesem Wochenende stattfinden.

Sonntag, 17. September: Workshops, Führungen und Spiele in der Eremitage

Am Sonntag steht die Eremitage im Mittelpunkt des Programms. Während sich die kleinen Gäste im Workshop „Mit Brief und Siegel“ im Schreiben mit dem Gänsekiel üben, erfahren die großen Besucher, wie Markgräfin Wilhelmine mit Voltaire über „Mehr Frauenrollen!“ korrespondierte. Der spektakuläre Neuankauf eines originalen Briefs der Markgräfin an den Philosophen wird hier in einer Themenführung mit Präsentation näher beleuchtet. Beim Baille-Maille-Spiel im Park kommen alle Altersgruppen auf ihre Kosten. Das im 17. Jahrhundert weithin beliebte Ballspiel erinnert ein wenig an das heutige Croquet und kann an diesem Nachmittag ausprobiert werden, ebenso andere barocke Gartenspiele.

Erleben Sie die Bayreuther Residenztage mit allen Sinnen und lassen Sie sich von Wilhelmines Welt verzaubern. Schauen Sie vorbei!

Mehr Informationen finden Sie unter www.bayreuth-wilhelmine.de.

 

Presse-Informationen:
Dr. Cordula Mauß und Franziska Hölzle
Pressesprecherinnen der Bayerischen Schlösserverwaltung
Telefon 089 17908-160 und -180, Fax 089 17908-190, presse@bsv.bayern.de


Pressemitteilung 5. September 2017


 
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